Die Nindorfer Auguste

Faslam muss etwas Neues haben, muss zu neuem Leben erweckt werden, soll durch Neues attraktiver werden, so dachten damals, 1979, Hans-Peter Schlüschen und Helmuth Krug. Angetan durch ein begeisterndes Erlebnis, hatten sie die zündende Idee, anlässlich des jährlichen Faslams einen August, einen Faslams-August, zu ernennen oder einfach zu bestimmen. Er sollte August heißen als Anspielung auf Lustiges, Fröhliches, Unbeschwertes, Clownhaftes. Dieser gute Gedanke fand Freunde, die Faszination Faslam sollte von nun an um faszinierende Auguste erweitert werden, zum Spaße und zur Freude von Faslamsbrüdern und -schwestern, als Attraktion für Dorf und Gäste, die so in großer Zahl zum Festgeschehen in den "Braunen Hirsch” gelockt werden sollten.

Konnte man seinerzeit ahnen, was sich entwickeln würde, dass alle Erwartungen übertroffen würden?

1979

qualifizierte sich Dieter Riedel als 1. August der Faslamsgeschichte. Die Prüfung, die dem Aspiranten gestellt wurde - 4 Beine in die Höhe zu strecken -, bestand er vor den anderen in seiner schlagfertigen Art, indem er einen Stuhl umdrehte. ”Amt ist Bürde”, sagte Dieter, gestaltete, entwarf und schmiedete den nun jährlich zu verteilenden August-Orden.

1980

durfte sich Walter Abendroth als 2. August schmücken, nachdem er in seiner litauischen Heimatsprache ein Lied zum Besten gegeben hatte.

1981

kürten die ersten beiden Hermann Harms zum 3. August, indem ihm, ohne es gewahr zu werden, aus der Küche des ”Braunen Hirsch” ein unbehandelter Schweineschwanz achtern angebunden wurde.

1982

kam als 4. August Helmut Schlüter hinzu, der aus Angst vor der Aufgabe ”August” unter einem Tisch versteckt, gegriffen und von den anderen ins Amt gehoben wurde.

1983

wurde Ernst-August Ahlers von den ersten vier bestimmt und im Trubel des Festes am Montag als 5. August gegriffen, geschultert und in die Gaststube an die Theke befördert, Runde um Runde ging herum.

1984

haben die Auguste zum erstem Mal getanzt, und zwar am Samstag. Die Idee, die Auguste sollten aktiv das Fest mitgestalten, kam von Hermann Harms.

Ein ”Hawai-Tanz” wurde noch 3 Tage vor dem Fest geplant, geübt und reif für die Aufführung gemacht; das geschah im Hause Harms, Im Auetal 15. Außer den teilnehmenden Tänzern, Dieter Riedel, Walter Abendroth, Hermann Harms und Helmut Schlüter -Ernst-August Ahlers hat aus allgemeiner und persönlicher Unpässlichkeit zunächst auf das Tanzen verzichtet-, sorgten hinter den Kulissen Hildegund Harms, bekannt als Carena, und Brigitte Riedel für einen gelungenen Auftritt. Hildegund machte die Musik, trichterte ihren 4 Männern graziöse Ballettschritte ein und schminkte sie Hawaii-insulanisch.

Brigitte nähte allein die Kostüme, die bis ins kleinste Detail über Baströckchen, Aloha-Ketten, schnieke bunte Hemden und Palmwedel südseegetreu geschneidert waren.

Wegen des überragenden Erfolges, der überschäumenden Begeisterung der Nindorfer musste der Tanz am Montag, dem Tag des gemütlichen dörflichen Beisammenseins, wiederholt werden.

Nach dem Tanz wurde Edgar Kornack als 6. August im Saal ausgemacht und nach bewährter Manier an die Theke verschleppt.

1985

tanzte das August-Team ein ”russisches Medley”, Kalinka mit 5 Männern, wobei ein August singen musste, nämlich Hermann Harms auf Russisch, zwar voll Play-back, aber so gekonnt, dass er auf seine perfekte Beherrschung des Russischen mehrfach angesprochen wurde. Hinter den Kulissen schalteten und walteten die Faslamsschwestern des vergangenen Jahres. Übungsort war wieder die Wohnstube im Hause Harms.

Zum 7. August wurde am Montag Ralf Böge ”verurteilt”.

1986

kamen die Auguste, wie stets Samstag und Montag, den dicht gedrängt sitzenden und stehenden Festgästen französisch, mit einem ”Cancan”. Alle Auguste waren als Mademoiselles zu kostümieren, was gemeinsam Brigitte Riedel und Auguste von der Heide schneiderisch meisterten. Simone und Kerstin Riedel unterstützten Hildegund tatkräftig dabei, die gestandenen Mannsbilder in Damen umzuschminken.

Dieter Riedel trat voll Play-back als Mireille-Matthieu-gestyltes Double auf und präsentierte als Chansonette ”Milord”.

Der Kür zum 8. August folgte willig Wilfried Koeplin.

1987

tanzten die Auguste ein gemischtes Ballett in gewagtem Aufzug nach ”Hoffmanns Erzählungen”. Die vielen Auguste stellten ein choreografisches Problem dar, eine Ballettmeisterin musste her, nur woher? Hildegund wusste Rat und brachte Giesela Eder ins Faslamsgeschehen ein. Sie reiste extra aus Regensburg an, um den Augusten die richtigen Schritte des gehobenen Tanzes beizubringen. Ab nun waren unsere Amateurtänzer professionell betreut.

Des Montags neuer 9. August wurde nach dem bewährten Muster des geplanten Zugriffes Peter Schmidtke.

1988

tanzten 8 Auguste, 4 als Damen und 4 als Herren, einen Rückblick auf die glorreichen, sündigen, goldenen ”Zwanzigerjahre”, im typischen Charleston-Outfit. Die Proben für den Tanz konnten nicht mehr in der Wohnstube Harms über die Bühne gehen, man wich in das Haus Uhlenbusch nach Hanstedt, Vor den Bergen, aus.

1989

erschienen die Auguste im Saal zu einer ”Pariser Revue”: Dieter mit einem Matthieu-Chanson, Apachentanz mit Edgar und Ralf, Hermann mit gewagt erotischem Striptease. Geübt wurde in diesem Jahr in der Hanstedter Schule, da das neue Gerätehaus der Nindorfer Feuerwehr erst 1990 fertig gestellt sein würde.

Auf die Bestimmung eines neuen Augusts wurde ab diesem Jahr zunächst verzichtet; denn der Saal im ”Braunen Hirsch” ist für mehr als 9 tanzende Auguste schlicht zu klein.

1990

wurde zum 40-jährigen Jubiläum von 8 Augusten -Rudi musste aus beruflichen Gründen passen- ein ”Potpourri von Hawaii bis Paris” aller bisheriger August-Tänze eingeübt. Ständiges Umziehen und Umschminken war angezeigt, machte allen im Team, besonders hinter den Kulissen viel Stress, aber lebhafte, überraschende, verblüffende Wechsel prägten das Programm.

Von weit her reisten mittlerweile Gäste und Fans des Balletts zu diesem großen Ereignis und Erlebnis nach Nindorf an.

1991

führten die verbliebenen 8 Auguste eine ”Damenmodenschau” -Strapse und Abendkleider, Bademoden, Dessous, Schlafgewänder- auf dem Laufsteg des Gasthauses vor. Die vorzuführenden Modestücke mussten die Auguste zu Hause abstauben, die Größen wurden vom bewährten Schneiderteam geändert und angepasst. Conférenciers der Modenschau waren Hela Johannsen und Christine Schmidtke. Die Livemusik zum Programm spielte Hildegund Carena auf ihrem Akkordeon.

1992

haben Hildegund und Gisela über ihre ständige Telefonleitung von Hanstedt nach Regensburg den Augusten den Tanz ”Cabaret” beigebracht. Als Nicht-August hat Hartwig Johannsen den Part des Conférenciers perfekt gespielt. Noch aufwendiger als in den anderen Jahren wurden die Schneiderarbeiten von Christine Schmidtke, Uta Rathenow und Marion Kühl gemeistert, alles nach den schwierigen Alles-oder-gar-nichts-Wünschen von Hildegund.

1993

führten die Auguste spanische Tänze aus ”Carmen” vor. Edgar heiratete, zog um, schied aus, Hartwig sprang ein; denn, so Hildegund, 8 mussten es sein für die Aufführung.

1994

wünschten sich die Auguste zum 10-jährigen Bestehen ihres Balletts, noch einmal die ”Zwanzigerjahre” zu tanzen. Wieder stimmten die Kostüme von den Gamaschen über den Stock bis zum Zylinder, nichts wirkte laienhaft genäht und geschneidert, ein grandioser Anblick, zumal auch Frisur und Schminke echt, recht charakterisch und getreu gelungen waren.

In diesem Jahr gab es wieder einen Zuwachs bei den Augusten. Burghard von der Heide wurde 11. August.

1995

traten die Auguste als ”Putz-Ballett” mit Schrubbern und Eimern auf. Ralf Böge, wegen gebrochenen Fußes nicht tanzfähig, sang voll Play-back Hildegunds ”Schweine-Tango”.

Am Montag wurde Volker Tolzien zum 12. August ausgerufen.

1996

verwöhnten die Auguste, perfekt geschminkt als Schwarze, das begeisterte Publikum mit dem Tanz ”Afrika”: Krieger, Häuptlinge, Tiere tanzten im Saal. Sangestalent Dieter Riedel doubelte Billy Mo mit dem ”Tirolerhut”.

1997

feierten die Auguste vor den Augen aller faszinierten Zuschauer eine stimmungsechte ”Fiesta Mexicana”. Nach Jahren des Verzichts schwang nun der 5. August, Ernst-August Ahlers, sein mexikanisches Tanzbein mit den anderen.

1998

tanzte die Gruppe nach Ohrwürmern von Schlagern ein ”Hit-Konfetti”, garniert mit einem Heidjerballett in Zeitlupe. Nicht Play-back, sondern live sangen abwechselnd Dieter und Volker, begleitet von Hildegund auf ihrem Akkordeon.

 

1999

öffneten die Auguste im Jahr vor dem großen Jubiläum vor aller Augen die Seemannskiste und feierten mit allen ein lebendiges, temperamentvolles, munteres ”Bordfest”. Walter, er wollte partout nicht mehr tanzen, verbrachte den Abend getragen werdend als leibhaftige Seejungfrau.

Zuletzt, deswegen jedoch nicht geringer als Vorangegangenes geachtet, soll die aufwendige, mühsame Arbeit hinter den Kulissen des Spektakels gewürdigt sein.

Ohne all jene, die hinter der Bühne Großartiges, Hervorragendes geleistet haben, herabzusetzen, ihr Tun nicht zu würdigen, ihren Beitrag zum Ganzen zu schmälern, muss einmal nachdrücklich und vernehmlich gesagt sein, dass ohne Hildegund Harms-Carena und Gisela Eder kein August einen Tanzschritt getan hätte.

 

Wenn die Auguste bei der Vielfalt der Bewegungen verzweifelten, beim Herbeiführen des Gleichklangs ihrer Schrittfolgen den Mut verloren, unmittelbar vor der Aufführung unter Druck und Spannung beinahe hoffnungslos und zur Selbstaufgabe bereit waren, hat Hildegund sie aufgerichtet, indem sie ihren Jungs Mut und Hoffnung gemacht, Zuversicht und Zuspruch gegeben hat, unermüdlich und beharrlich an ihre Ehre appelliert, unerschütterlich und standhaft ihr Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl gestärkt hat. Die Monate mühseliger Kleinarbeit vor der Aufführung lasteten dann bald nicht mehr nur auf Hildegunds Schultern, unsere Ballettmeisterin Gisela Eder hat gleichrangig und ebenbürtig den Tanz gestaltet, Last und Lust des Übens und Vorbereitens getragen.

 

Für die vielen Handgriffe des Schneiderns und Nähens, des Frisierens und Schminkens, des Anpassens und Umziehens waren in den 16 Jahren des Balletts zuständig:

Brigitte Riedel, Kerstin Riedel, Simone Riedel, Regina Riedel, Auguste von der Heide, Christine Schmidtke, Uta Rathenow, Marion Kühl, Conni Böge, Katrin Klinger, Petra Sander, Kerstin Bittmann, Renate Ahlers

Requisiten:

Volker Tolzin, Hermann Harms